Die Fire Safety Bill (Brandschutzverordnung): Hintergrund und Analyse

Das neue Brandschutzgesetz (Fire Safety Bill, FSB) für England und Wales zielt darauf ab, die zahlreichen Unzulänglichkeiten der Leitlinien und Rechtsvorschriften zu beheben, die durch die Grenfell-Katastrophe offenbar wurden. Obwohl es 2019 eingeführt wurde und fast zwei Jahre benötigte, das Parlament zu durchlaufen, waren viele seiner wichtigsten Bestimmungen bereits vorher als Leitlinien für bewährte Verfahren eingeführt worden. Nun, da es endlich Gesetz in Kraft getreten ist, ist es wichtig, dass wir den Inhalt des FSB und seine langfristigen Auswirkungen für Hersteller, Installateure und Endkunden verstehen.

Was ist also das FSB und was soll damit erreicht werden? Die tragischen Ereignisse von Grenfell haben uns gezeigt, dass der vorherige Versuch, die Brandschutzvorschriften in England und Wales zu vereinheitlichen, die Regulatory Reform (Fire Safety) Order 2005, nicht mehr zweckdienlich war, insbesondere in Bezug auf Hochhäuser. In Schottland waren bereits neue Rechtsvorschriften erlassen worden, und die Regierung Großbritanniens wollte dabei nachziehen.

Ohne es tatsächlich zu ersetzen, beseitigt das FSB eine Reihe von Unklarheiten im Gesetz von 2005, wie etwa, ob Verweise auf Außenwände in der Verordnung „Türen oder Fenster in diesen Wänden“ und „alles, was an der Außenseite dieser Wände befestigt ist (einschließlich Balkone)“ beinhalten. Außerdem schreibt es die Spezifikation von Eingangstüren von Wohneinheiten vor, die sich zu Gemeinschaftsbereichen hin öffnen.  Die im FSB enthaltenen Änderungen zielen darauf ab, die Durchsetzungsmaßnahmen zu verstärken, „insbesondere dort, wo keine Sanierung von Aluminiumverbundwerkstoff-Verkleidungen (ACM) stattfindet.“

Das FSB gilt rückwirkend für bestehe Wohnblocks, bei denen es wahrscheinlich ist, dass über den Austausch bereits identifizierter defekter Verkleidungen hinaus weitere Aktualisierungen erforderlich sein werden. Dies könnte den Austausch von nicht konformen Türen und Fenstern sowie den Haupteingangstüren zu jeder Wohnung und die Untersuchung von feuerfesten Wänden und Hohlräumen umfassen, um sicherzustellen, dass keine Verstöße gegen die Abschottungsvorschriften aufgetreten sind.
 
Auswirkungen des FSB

Das FSB wird einen großen Einfluss auf die Gestaltung und Spezifikation von Wohnblöcken mit mehreren Bewohnern in England und Wales haben, die über 18 Meter hoch sind. Über die Sicherheit in solchen Blöcken wird seit dem Grenfell-Brand diskutiert, und zwar hauptsächlich vor dem Hintergrund der menschlichen und materiellen Fehler, die dazu beigetragen haben.

Das Hauptproblem, das zur Ausbreitung des Grenfell-Brandes führte, war die Tatsache, dass die Verkleidung die Abschottungsmaßnahmen unwirksam machte, da das Feuer über die Außenwände von Wohnung zu Wohnung springen konnte. Die Konstrukteure hatten in den 1960er Jahren dafür gesorgt, dass jede Wohnung eine einzelne feuersichere Zone war, was jedoch nicht mehr sichergestellt werden konnte, als die entflammbare Verkleidung an der Außenseite angebracht wurde. Dies ist eines der Hauptprobleme, das mit dem FSB angegangen werden soll. Gleichzeitig stellt es sicher, dass der Brandschutz intern nicht beeinträchtigt wird, sei es durch die Verwendung von nicht konformen Brandschutztüren oder durch andere Verstöße gegen die Abschottungsvorschriften, wie etwa nicht ordnungsgemäß installierte Rohrleitungen und Kabel.

Begründung für das FSB
 
Gemäß der Formulierung der Regierung soll das Bandschutzgesetz „sicherstellen, dass sich die Menschen in ihrem Zuhause sicher fühlen und eine Tragödie wie der Grenfell-Brand nie wieder vorkommt.“  Dem FSB kann sicherlich nicht vorgeworfen werden, nicht auf ausreichenden Konsultationen zu beruhen. Es wurde zudem vom National Fire Chief Chiefs Council (NFCC) ausdrücklich begrüßt, dem zufolge es „es zu einem sichereren Gefühl in ihrem Zuhause beitragen sollte“.
 
Das FSB ist jedoch kein Zauberstab, der alle Probleme im Zusammenhang mit Brandschutzstandards in England und Wales lösen wird. Selbst der NFCC sieht dies nur als den Beginn eines Prozesses an, und es besteht die klare Absicht, die schwerwiegendsten Probleme in der Regulatory Reform (FireSafety) Order 2005 zu korrigieren. Gleichzeitig dient es auch als  Grundlage für sekundäre Gesetzgebungen in Bezug auf Brandschutz, Brandschutzübungen und Evakuierungen, wozu auch die Erstellung der neuen BS8629-Evakuierungsleitlinien als Gesetz gehören kann.
 
Warum hat sich das FSB verzögert?

Der Weg des FSB durch das Parlament wurde durch die anhaltende Debatte über die Sanierung von Verkleidungen sowie darüber, wer finanziell dafür verantwortlich sein soll, behindert. Im März und April 2021 nutzte die Regierung ihre Mehrheit, um Änderungsanträge des Oberhauses und ähnliche versuche des Unterhauses abzulehnen, die es verhindert hätten, Sanierungskosten für Sicherheitsmängel an die Gebäudebewohner weiterzugeben, über die diese keine Kontrolle haben. Die Regierung hat zwar separat einige Maßnahmen zur Unterstützung des Austauschs
mangelhafter Verkleidungen separat getroffen, war jedoch nicht bereit, etwas zu sanktionieren, das praktisch einem Blankoscheck gleichgekommen wäre.
 
Manche Politiker und Aktivisten sind der Meinung, dass das FSB in Bezug auf Standards und Vorschriften nicht weit genug geht. Dies wurde im September 2020 deutlich, als eine Vorlage der Labour-Partei, in der verlangt wurde, die Interim-Empfehlungen aus Phase 1 des Grenfell-Untersuchungsberichts in das FSB aufzunehmen, im Unterhaus abgelehnt wurde. Die Regierung argumentierte dagegen, dass etwaige Änderungen das FSB nur weiter verzögern würden, sagte aber zu, dass auf der Grundlage des abschließenden Grenfell-Untersuchungsberichts bei Bedarf weitere neue Vorschriften eingeführt würden.
 
Unerwünschte Nebeneffekte

Der endgültige Zeitplan für die Umsetzung der neuen Standards in bestehenden Gebäuden wurde noch nicht bestätigt, und es gibt einige potentielle Nachteile für Eigentümer und Mieter in betroffenen Wohnblöcken. Neben dem Nachweis, dass fehlerhafte Verkleidungen ausgetauscht wurden, ist es wahrscheinlich, dass Hypothekengeldgeber Exemplare von Untersuchungen und Berichten im Zusammenhang mit der Einhaltung der Bestimmungen des FSB erhalten. Für Bewohner, die bereits mit Rechnungen für Brandwachen, modernisierte Brandsysteme, BS8629-konforme Evakuierungssystemen, Sprinkleranlagen und Verkleidungen konfrontiert sind, könnte dies zusätzliche Kosten bedeuten.

Aus diesem Grund fordern manche Politiker und Branchenkenner, dass neben dem FSB zusätzliche Unterstützung bereitgestellt wird. Auch wenn die im Februar 2021 angekündigten zusätzlichen Finanzmittel in Höhe von 3,5 Mrd. £ für defekte Verkleidungen weitgehend positiv gesehen werden, befürchten diese Kritiker, dass diese Hilfen durch neue Kosten im Zusammenhang mit den Bestimmungen des FSB verpuffen könnten.

Herausforderungen durch FSB

Für Gebäudemanager, Planer und Designer besteht die Herausforderung darin, die neuen FSB-Standards zu erfüllen und gleichzeitig die Erwartungen und Bedenken der Bewohner zu berücksichtigen. Die einfache Tatsache, dass Verbesserungen an diesen Gebäuden von entscheidender Bedeutung sind, ändert nichts daran, dass ihre Umsetzung komplex sein kann und in einigen Fällen für die Menschen, die in betroffenen Wohnblöcken leben, unverhältnismäßig teuer ist.
 
Die erste Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass kurzfristige Maßnahmen ergriffen werden, um maximalen Schutz zu bieten, bis das Gebäude untersucht wurde, um Bereiche zu identifizieren, in denen die FSB nicht eingehalten wird. Wenn das Gebäude bereits eine defekte Verkleidung aufweist, ist es wahrscheinlich, dass diese Maßnahmen, zu denen die Erweiterung von Brandsystemen, Brandwachen und geplante Evakuierungsstrategien gehören können, bereits umgesetzt wurden. In anderen Wohnblöcken, bei denen die Verkleidung kein Problem darstellt, kann es notwendig sein, neue Maßnahmen zu ergreifen.

Während physische Veränderungen am Gebäude einige Zeit in Anspruch nehmen können, machen es die beispiellose Leistungsfähigkeit und die Flexibilität moderner Brandschutzsysteme, darunter von Meldern und anderen Geräten, einfacher als je zuvor, ein neues Brandschutzsystem zu installieren oder ein bestehendes zu aktualisieren. Dies bedeutet, dass es beispielsweise relativ einfach sein sollte, ein bestehendes System nur für Gemeinschaftsbereiche in Privatwohnungen mit Meldern und Sirenen zu erweitern oder ein eigenständiges mit  BS8629-  konformes Evakuierungssystem zu installieren.
 
Die Zukunft

Seit 2017 steht die Brandschutzbranche vor noch nie dagewesenen Herausforderungen, da es gilt, einen 30-jährigen Rückstand mit unsicheren Verfahren aufzuholen. Neben der willkommenen Klärung zukünftiger Standards und Anforderungen trägt FSB aber auch zu diesen Herausforderungen bei, da damit weitere Bestimmungen für die Sicherheit und das Wohlbefinden von Hochhausbewohnern verbunden sind. Diese Veränderungen werden kommen, aber nicht über Nacht.

Die Herausforderung besteht darin, die FSB-Ziele und -Vorgaben vollständig zu erfüllen und gleichzeitig den Erwartungen der Gebäudenutzer zu entsprechen sowie einen Weg zu finden, um die Verbesserungen auf handhabbare und bezahlbare Weise zu gestalten. Daher müssen alle in unserer Branche, von Verkleidungstechnikern bis hin zu Gebäudemanagern und Regierungsverantwortlichen, enger als je zuvor zusammenarbeiten, um die gewünschten Ergebnisse für die Sicherheit aller Bewohner von Hochhäusern zu erzielen.

Weitere Informationen zum Thema Hochhausbrandschutz und brennbare Fassadenverkleidungen finden Sie auf highrisefiresafetysafetysolutions.co.uk.